25.7.07

Der große Durst der Aktionäre - und eine mögliche Antwort der kleinen Brauereien

Entgegen der allgemeinen Auffassung ist Bier ein schlechter Durstlöscher. Man kann das in jedem Gastgarten sehen: Da geht keiner hin, um genau ein Bier zu trinken und dann befriedigt heimzugehen. Ein Bier macht Lust auf mehr. Aber der Durst, mit dem einzelne Bierfreunde ein zweites und vielleicht noch ein drittes Krügerl ordern, ist nichts im Vergleich mit dem Durst, den große Brauereikonzerne entwickelt haben. Da geht es nicht um Halbliter, sondern um Millionen Hektoliter: 131,9 Millionen Hektoliter braute der den heimischen Markt dominierende Heineken-Konzern im Vorjahr weltweit, gut 30 Prozent Zuwachs gegenüber 2003 - vor Integration der BrauUnion.

Das Zusammenkaufen erfolgreicher Marken und der entschlossene Vorstoß auf die noch wenig entwickelten Biermärkte Asien und Südamerika (in Afrika tut sich außerhalb der hochkonzentrierten Märkte Südafrika und Nigeria vorläufig wenig) erwies sich als hochprofitabel. Die meisten Großbrauereien konnten zuletzt satte Kursgewinne verbuchen (mehr als 60 Prozent plus für Carlsberg, mehr als 50 Prozent plus für Inbev in den letzten zwölf Monaten) und anständige Dividenden zahlen.

Erwirtschaftet wird das alles mit einem rigorosen Kostensenkungsprogramm: effizientere Technologie, weniger Personal, weniger Produktvielfalt. Und weniger Geschmack. Denn auch das ist ein Erfolgsfaktor: Großkonzerne verkaufen mit enormer werblicher Unterstützung geschmacksarme Biere an ein Massenpublikum. Im Schnitt enthält ein Hektoliter Bier heute nur noch 4,8 Gramm des für die Bittere verantwortlichen Hopfeninhaltsstoffs Alphasäure - 1973 waren es noch 9,1 Gramm.

Für kleine Brauer liegt darin allerdings ein enormes Differenzierungspotenzial mit intensiverem Geschmack. Das hat sich in anderen Bereichen - zB. Wein, Käse - sehr wohl durchgesetzt: Da gibt es feinere Produkte, die dann eben auch einen höheren Preis haben. Das rechnet sich ganz ähnlich bei Microbreweries und Brewpubs in den USA. Was nicht geht: Dass kleine Brauereien Loyalität ihrer Kunden (und höhere Preise) einfordern, ohne ein erkennbar anderes Produkt anzubieten als es die großen Brauereien haben.
Wenn die kleinen Brauereien aber im Gleichklang mit den Marketingabteilungen der Großbrauereien auch meinen, dass
- stark gehopfte Biere
- mit dunklem Malz gebraute Biere
- mit anderen Hefen zu anderen Aromen vergorene Biere
- Starkbiere, Stouts, Pale Ales etc.
schwer zu verkaufen wären und sie daher lieber dem Trend zu hellen, leichten, geschmacksarmen Bieren folgen, die so ähnlich auch von Großbrauereien kommen, dann ist denen nicht zu helfen.
Natürlich müssen kleine Brauereien anders und intensiver verkaufen als Großbrauereien. Aber das müssen kleine Winzer, kleine Eigenvermarkter in der Landwirtschaft, kleine Boutiquenbesitzer etc. auch.
Ich habe dazu vor einem Jahr gemeinsam mit Werner Beutelmeyer vom market-Institut ein kleines Buch geschrieben, es heißt "Bier verkaufen - Selling Beer" und ist im Trauner-Verlag erschienen...
Richtige Bierliebhaber trinken gerne weniger, aber besseres Bier.

2 Comments:

Anonymous D. Welsh, Graz said...

Endlich einer, vor allem ein Österreicher, der die Wahrheit spricht!

Ich bevorzuge dunkle, obergärige, bittere Biere - nahezu unerhältlich in Österreich. Es kann nicht sein, dass in einem Land mit so großer Brautradition:
1. der heimische Bierkonzern von Heineken geführt wird

2. es kaum Geschmacksunterschiede zw. den bekannten Marken gibt.

3. die Qualität ständig sinkt (schädelweh, extremes Beispiel hier Murauer, zwar privat aber übervermarktet)

Nun habe aufgegeben nach ordentlichen Stouts, Ales, Alt und ähnliche zu suchen. Ich braue mir mein eigenes! Zwar nur mit Kit, die Ergebnisse sind aber verblüffend

7:46 PM  
Blogger Bierpapst said...

Dabei hat man es in Graz ja noch relativ gut: In Kalsdorf ist mit der Handbrauerei Forstner eine Brauerei in der Nähe, die eine echte Alternative darstellt - Ales im belgischen und amerikanischen (auch wenn's Styrian Ale heißt) Stil. Kann ich sehr empfehlen!

8:02 PM  

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